AOK-Bundesverband GbR
Vorsitzender des geschäftsführenden Vorstandes
Dr. Herbert Reichelt
Postfach 11 02 46
10832 Berlin

Herrn
Jochen Diefenthaler
Augsburger Str. 56
87700 Memmingen

Berlin, 29.06.2010

Ihre Anfrage zur Anzeigenschaltung - www.handyhandy.de - in der AOK-Mitgliederzeitschrift "Bleibgesund" in Bezug auf mobilfunkbedingte Krankheiten

Sehr geehrter Herr Diefenthaler,

zunächst möchten wir uns bei Ihnen für das engagierte lesen Ihrer "Bleibgesund" und für Ihre Rückmeldung zur Anzeigenschaltung "www.handyhandy.de" bedanken. Wir verfolgen das Thema "Elektrosensibilität" und kennen Schilderungen zu mobilfunkbedingten Krankheitssymptomen mit zum Teil eindrucksvollen Krankheitsverläufen. Diese Kasuistiken werden partiell veröffentlicht und finden sich auch in Ihrem mitgesendeten Informationsmaterial.

Es ist Aufgabe des Bundesamtes für Strahlenschutz, das Risiko einer neuen Technologie wie die des Mobilfunks zu prüfen. Dafür ist das Deutsche Mobilfunk Forschungsprogramm (DMF) durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) initiiert worden.

Zahlreiche von einer mobilfunkkritischen Ärzteinitiative vorgelegte Befundberichte (s. o.) wurden in einem Fachgespräch mit Umweltmedizinern, Vertretern der mobilfunkkritischen Ärzteinitiative, Umweltepidemiologen, Vertretern der Ärztekammer Bayern, Forschungsnehmer des DMF sowie Vertretern des BfS und des BMU bewertet. Bei den Fallbetrachtungen waren keine verallgemeinerbaren Zusammenhänge zwischen Expositionshöhe und Beschwerden, dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme einer Mobilfunkstation und dem Auftreten von Beschwerden oder zwischen Mobilfunkexposition und Beschwerdebild erkennbar.

Aufgrund der Kasuistiken wurden jedoch von 2002 bis 2008 qualitativ hochwertige Studien zum Thema "Mobilfunk" aus den Bereichen "Biologie", "Dosimetrie", "Epidemiologie" und "Risikokommunikation" durchgeführt um zu klären, ob mit den elektromagnetischen Feldern des Mobilfunks ein gesundheitliches Risiko besteht. Insgesamt wurden 54 Forschungsprojekte mit unterschiedlichen Fragestellungen eingerichtet. Ziel war es, grundsätzliche biologische Wirkungen und Mechanismen wissenschaftlich belastbar nachzuweisen und unter Einbeziehung internationaler Forschungsergebnisse deren gesundheitliche Relevanz abzuschätzen. Des Weiteren sollten mögliche Ursachen der Elektrosensibilität aufgeklärt werden.

Mit eingegangen sind in die bisherige Ergebnisbewertung auch nationale und internationale wissenschaftliche Daten der letzten 50 Jahre. Dabei zeigten sich bisher keine deutlichen Hinweise auf ein gesundheitliches Risiko. Auch lieferten die Studien bisher keine Hinweise auf Langzeitwirkungen, weder im Tiermodell noch in epidemiologischen Studien. Eingeräumt wird aber, dass zurzeit keine Aussagen zu Fragen möglicher Langzeitrisiken für Handynutzungszeiten >10 Jahren und zur Gruppe der Kinder gemacht werden können. Hier sind weitere Forschungsergebnisse abzuwarten. Des Weiteren sind Studien zu direkt genotoxischen Effekten noch nicht abgeschlossen. Bis dahin empfiehlt das Bundesministerium für Strahlenschutz zusätzlich zur Einhaltung der bestehenden Grenzwertregelung, die Minimierung der Exposition beim Betrieb drahtloser Kommunikationstechnologie.

Sehr geehrter Herr Diefenthaler, die AOKs informieren regelmäßig ihre Versicherten in ihren Mitgliederzeitschriften zu Gesundheitsthemen, u. a. auch zum Thema "Elektrosmog". Wir werden auch in Zukunft die Forschungsergebnisse zum Thema hochfrequenter elektromagnetischer Felder verfolgen und die Versicherten der AOK Gemeinschaft über Neuerungen informieren.

Allgemein möchten wir noch darauf hinweisen, dass es im Bezug auf Anzeigenschaltung in Bleibgesund aus naheliegenden Gründen eine Ausschlussliste für bestimmte Produkte gibt (z.B. alkoholhaltige Getränke). Für die verbleibenden Produkte wurden hohe Hürden aufgebaut.

Ihren kritischen Hinweis nehmen wir zum Anlass, die Anzeigenschaltungen in der Bleibgesund noch einmal zu überdenken um ggf. auftretende Widersprüche zwischen redaktionellen Aussagen und Anzeigen zu vermeiden, wobei wir allerdings eine gewisse "Toleranzbreite" im Vertrauen auf den "mündigen Leser" und mit dem Bestreben, das Mitgliedermagazin finanzierbar zu halten mit zu berücksichtigen haben.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Herbert Reichelt


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